Zahlreiche Stahlarbeiter demonstrieren in Duisburg gegen die Geschäftsführung von Thyssenkrupp.
Die Polizei schätzte, dass etwa 6.000 bis 8.000 Beschäftigte an der Demonstration in Duisburg teilnahmen, also weniger als die ursprünglich erwarteten 10.000 bis 13.000 Menschen. Die Veranstaltung verlief nach Angaben der Polizei relativ ruhig, wie sie der Nachrichtenagentur AFP mitteilte.
Am vergangenen Freitag hatte Thyssenkrupp angekündigt, 20 Prozent seiner angeschlagenen Stahlsparte an Kretinskys Unternehmen EPCG verkaufen zu wollen. Es gab auch Gespräche über den möglichen Erwerb von weiteren 30 % der Anteile an der Stahlsparte durch EPCG, wobei ein 50/50-Joint Venture angestrebt wurde.
Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Tekin Nasikkol zeigte sich unzufrieden mit dem Vorstandsvorsitzenden Miguel López und dem Aufsichtsratsvorsitzenden Siegfried Russwurm. Er behauptete, sie hätten nicht genügend Informationen geliefert. Er bezeichnete ihr Vorgehen als "Provokation" und "Kriegserklärung", und viele Beschäftigte fürchteten, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Die IG Metall forderte Garantien gegen betriebsbedingte Kündigungen und den Erhalt aller Einrichtungen.
Thyssenkrupp bestritt, dass die Beschäftigten nicht in den Entscheidungsprozess einbezogen worden seien. Thyssenkrupp erklärte: "Diese Situation hat es nie gegeben und wird es auch in Zukunft nicht geben". In den Gremien und in der Öffentlichkeit wurde immer wieder betont, dass Thyssenkrupp Gespräche mit EPCG mit dem Ziel einer Partnerschaft geführt hat.
Der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens, López, stellte am Freitag ein Konzept vor, das positiv aufgenommen werden soll und Entlassungen verhindern soll. Er erklärte, dass der Dialog mit allen Gruppen und Mitarbeitern unerlässlich sei. Nach Angaben des Unternehmens hätte die angestrebte Partnerschaft "keinerlei Auswirkungen auf bestehende Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge."
Thyssenkrupp hatte im letzten Quartal aufgrund der erheblichen finanziellen Verluste mögliche Veränderungen in der Stahlsparte angekündigt. Die Stahlsparte hat seit Jahren mit Schwierigkeiten zu kämpfen, die auf sinkende Preise, steigende Energiekosten und einen verschärften Wettbewerb zurückzuführen sind.
Mitte April drosselte Thyssenkrupp die Produktion am Standort Duisburg deutlich. Damals wurde auch berichtet, dass die geringere Produktion zu einem Stellenabbau führen würde. Am Freitag betonte Thyssenkrupp, dass die Partnerschaft mit der EPCG für den Erhalt der deutschen Stahlindustrie von Vorteil sein könnte.
Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), die Duisburger Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) und der nordrhein-westfälische Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) nahmen am Dienstag an der Demonstration in Duisburg teil. Die SPD-Bundestagsfraktion verlegte ihre Fraktionssitzung "aus Solidarität mit den Beschäftigten" dorthin.
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sagte, er erwarte von der Thyssenkrupp-Geschäftsführung, dass sie die Beschäftigten einbezieht. Die Zusammenarbeit der Sozialpartner habe sich in diesem Bundesland bewährt. Er sagte voraus, dass die Geschäftsführung von Thyssenkrupp dies bei ihren anstehenden Entscheidungen berücksichtigen werde.
Der wirtschaftspolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, Jörg Cezanne, sprach von einer weit verbreiteten Verunsicherung unter den 27.000 Beschäftigten der Stahlsparte. Die Beschäftigten hätten wenig Einfluss auf die Zukunft ihres Unternehmens, "aber sie wissen, dass der Stahlkonzern in Duisburg die Rohstahlkapazitäten drastisch reduzieren will."
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Quelle: www.stern.de