Täuschungsmanöver, das auf Verbraucher namens Tara abzielt. - Wurde die Verpackung ein zweites Mal aufgeladen?
Das Oberverwaltungsgericht Münster hat sich am vergangenen Freitag mit dem Thema Leberwurst beschäftigt - gehören Pellet und Metallklammer zum Produkt oder zur Verpackung? Wenn sie zum Produkt gehören, muss man sie bezahlen, aber wenn sie zur Verpackung gehören, muss man sie nicht bezahlen. In einer EU-Verordnung aus dem Jahr 1976 schien festgelegt worden zu sein, dass Pellets und Klammern an Würsten Teil des Produkts sind.
Das für den Kreis Warendorf zuständige Eichamt berief sich jedoch auf eine neuere, 2014 in Kraft getretene Lebensmittelinformationsverordnung, die den Verkauf einer Leberwurst mit Pellets und Clips als Teil des Produktgewichts verbietet. Das Verwaltungsgericht gab dem Eichamt Recht, ließ aber wegen der "grundsätzlichen Bedeutung" der Frage die Berufung zu.
In der Regel nur die Kosten des Produkts, nicht die der Verpackung
Den meisten Menschen macht es wahrscheinlich nichts aus, für eine Wursthülle zu bezahlen. Nur wenige kennen die Regeln in der Lebensmittelindustrie für den Begriff "Tara", der sich auf das Gewicht der Verpackung bezieht. Die allgemeine Regel besagt, dass nur das Gewicht des Produkts bezahlt werden sollte, nicht aber die Verpackung.
Diese Regel gibt es schon seit langem. Das Wort "tare" kommt aus dem Arabischen "taraha" und bedeutet "entfernen". Es wurde im 14. Jahrhundert über das Italienische ins Deutsche eingeführt.
Reklamationen waren früher häufiger
In der Vergangenheit gab es bei den Verbraucherzentralen viele Beschwerden darüber, dass die Verpackungen im Supermarkt in das Gewicht eingerechnet wurden, so dass die Kunden mehr bezahlen mussten. Das konnte bis zu 50 Cent oder mehr ausmachen, vor allem bei hochwertigen Produkten wie Parmaschinken oder Garnelen.
Mit dem Aufkommen der Supermärkte wurden vorverpackte Waren immer beliebter, und die Hersteller hielten sich an die Regeln, was die Beschwerden reduzierte. "Es waren vor allem ältere Leute, die sich darum kümmerten", sagt Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg dem stern. "Die Jüngeren haben es nicht getan." Das Wissen der Menschen um die Tara-Regeln sei zwar etwas verblasst.
Doch mit dem gestiegenen Umweltbewusstsein ist das Thema wieder da. Immer mehr Kunden bringen ihre eigenen Verpackungen mit, und Supermärkte bieten wiederverwendbare Netze für Obst und Gemüse an. Die Kassiererinnen scheinen sich mit den verschiedenen Tüten, Säcken und Netzen schwer zu tun. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg führte 16 Testkäufe mit Mehrwegnetzen durch und stellte fest, dass den Testkunden in mehr als der Hälfte der Fälle zu viel berechnet wurde.
Ein Baumwollnetz für Obst wiegt 56 Gramm
Die neuen Mehrwegtaschen sind schwerer als die Plastiktüten. Ein Baumwollnetz, das die Verbraucherschützer bei ihrem Test im Laden kauften, wog erstaunliche 56 Gramm. Zieht man davon nur die üblichen zwei Gramm Tara für die Plastiktüte ab, ist das ein erheblicher Unterschied. Bei teurem Bio-Obst kann man da leicht einen Euro zu viel bezahlen. Für die Kunden kann es verwirrend sein, dies zu verstehen, da die meisten Geschäfte die Tara nicht auf dem Kassenbon ausweisen.
Es gab jedoch keine große Aufregung in dieser Angelegenheit. Bei zwei der von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg durchgeführten Testkäufe haben die Geschäfte zu wenig berechnet. Und an der Selbstzahlerkasse gibt es oft zu viele Auswahlmöglichkeiten für Tara-Beträge, so dass die Kunden überfordert sind. Der Handelsverband BVLH wies auch darauf hin, dass er sich strikt an das Eichgesetz hält und einen größeren Betrag abzieht, wenn nicht klar ist, wie viel das Paket wiegt.
Einzelhandel: kein Problem mit der Verpackungsvorschrift
Der Bundesverband des Lebensmittelhandels (BVLH) sagt, es gebe kein Problem mit der Tara-Regelung. "Wir halten uns strikt an das Eichgesetz", sagt Verbandsjurist Axel Haentjes. "Wenn nicht klar ist, ob eine Verpackung zwei oder vier Gramm wiegt, dann ziehen wir einfach vier Gramm vom Gewicht ab.
Was ist also die Lösung? Beim Einkaufen sollten die Verbraucher darauf achten, dass beim Wiegen an der Kasse die "Tara"-Taste gedrückt wird. Wenn Sie an der Selbstzahlerkasse nicht das richtige Taragewicht finden können, wiegen Sie am besten ohne die Tüte. Schließlich müssen Sie nur die Ware bezahlen, nicht aber die Verpackung - es sei denn, das Eichamt Nordrhein-Westfalen klagt vor dem Bundesverwaltungsgericht, das möglicherweise anders entscheidet als Münster.
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Quelle: www.stern.de