"Toleranzvereinbarungen" verhindern die Schließung deutscher Spielbanken.
Die schärferen Regeln des neuen Glücksspielstaatsvertrags könnten im Umkehrschluss dazu führen, dass es in Deutschland weniger Spielhallen gibt. Um dies zu erreichen, wurde ein 500-Meter-Abstandsgebot für diese Einrichtungen festgelegt. Viele Betreiber behaupten jedoch, dass sie sich in einer finanziellen Notlage befinden und von den Städten und Gemeinden Duldungsvereinbarungen" erhalten haben.
Am 1. Juli traten alle Regelungen des neuen Glücksspielstaatsvertrags in Kraft, darunter auch die erwähnte 500-Meter-Regelung. Mit dieser Regelung sollte das Glücksspiel über die Stadt verteilt und eine Konzentration in den Innenstädten verhindert werden. Außerdem wurde ein Mindestabstand zu Schulen, Kindertagesstätten und anderen Jugendeinrichtungen vorgeschrieben. Es wurde erwartet, dass Betreiber, die diese Anforderungen nicht erfüllten, aus dem Geschäft gedrängt würden. Wie bereits berichtet, haben die Vermieter jedoch eifrig um Ausnahmen gebeten, und einige Gemeinden haben sich zögerlich gezeigt, diese Einrichtungen zu schließen.
Früheren Berichten zufolge gab es vor den Vertragsänderungen eine Welle von Spielhallenschließungen. Dafür gibt es kaum Beweise, da viele Betreiber eine Kronzeugenregelung beantragten oder Klage einreichten. Die meisten Fälle sind nach wie vor unentschieden, und die Gemeinden tun sich schwer, damit umzugehen.
Trotz des Ziels, die Glücksspielaktivitäten einzudämmen, stoßen mehrere Städte bei der Durchsetzung des Gesetzes auf Hindernisse. In Niedersachsen zum Beispiel wird die Entscheidung, welches Geschäft schließen muss, durch ein Losverfahren bestimmt. Dies hat zu Demonstrationen geführt. In einigen Fällen scheint es den Städten gleichgültig zu sein, ob es zu Streitigkeiten mit den Unternehmen kommt, da sie höhere Prozesskosten fürchten. Außerdem würde eine Schließung zu einem Verlust an Vergnügungssteuereinnahmen führen.
Die Stuttgarter Statistik verdeutlicht diese Problematik sehr anschaulich: In Stuttgart gibt es 121 Spielhallen, von denen 35 von der 500-Meter-Regelung betroffen sind. Da sich einige Spielhallen in einem Gebäude befinden, sind 25 Standorte betroffen. Für alle 121 Standorte wurden bis zum 28. Februar Anträge auf Härtefallregelung gestellt. Die endgültigen Entscheidungen verzögern sich jedoch, da die Abteilung für Glücksspielrecht personell unterbesetzt ist. Bisher konzentrierte man sich auf einfache Angelegenheiten und Bereiche mit weniger zeitaufwändigen Entscheidungen.
Ähnlich erging es Freiburg, wo 31 der 34 Spielhallen eine Härtefallregelung beantragten. Ein weiteres Beispiel ist Kehl, wo 22 von 28 Spielhallen von der Schließung bedroht sind.
Das Dilemma bei der Durchsetzung
Bislang haben sich die neuen Glücksspielgesetze in Baden-Württemberg nicht wesentlich ausgewirkt. So werden beispielsweise 10 von 14 Spielhallen in Weil am Rhein mit Duldungsbescheiden der Stadt weiter betrieben. Das baden-württembergische Ministerium für Wirtschaft und Finanzen hat am 11. Dezember 2015 einen Anwendungsleitfaden zur Verfügung gestellt. Trotzdem bleiben Zweifel an der Durchsetzungsfähigkeit der Kommunen. Die Sprecherin der Stadt Weil am Rhein sagte dazu beispielsweise:
Es ist ziemlich schwierig, eine Entscheidung auf der Grundlage der Verordnung über unbillige Härten zu treffen. Es fehlt uns eine Matrix. Um rechtliche Komplikationen zu vermeiden, haben wir uns für die Erteilung von Duldungen entschieden.
Die Rechtmäßigkeit dieser "Duldungserklärungen" ist umstritten. Es gibt keinen Präzedenzfall in der Verwaltungsgesetzgebung für solche Vereinbarungen. Außerdem ist die Definition der "unbilligen Härte" nicht sehr klar. Die "Regelungsexperten" des Wirtschaftsministeriums definieren ihn wie folgt:
Der Begriff "unbillige Härte" ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, über den die Gerichte entscheiden und der nur von Fall zu Fall bestimmt werden kann.
Was ändert sich nun tatsächlich?
Kurzfristig sind in ganz Deutschland nur minimale Änderungen zu erwarten; lediglich einige wenige Spielhallenschließungen wurden bestätigt. Allerdings sind die Härtefallregelungen befristet und laufen 2021 mit dem Auslaufen des Glücksspielstaatsvertrags aus. Bis dahin können die Betreiber alternative Geschäftsmodelle erproben, wie z.B. "Spielbistros" - Mikrorestaurants mit bis zu 3 Spielautomaten. In Weil am Rhein gibt es zum Beispiel mehr als 50 solcher Einrichtungen.
Referenzen
- "Pflichtausreißer auf der Suche nach einem Ausweg: Vergnügungsspielhallen-Betreiber in Stuttgart beantragen Ausnahmen vom Spielhausverbot." Stuttgarter Zeitung. https://www.stuttgarter-zeitung.de/stuttgart/pflichtausfallern-auf-der-suche-nach-einem-ausweg-amusement-spielhallen-betreiber-in-stuttgart-beantragten-ausnahmen-vom-spielhausverbot/MTI3MTjg
- "In Weil am Rhein kann für denzeitlich 10 Spielcasinos die Schliessung abgewendet werden." FAZ. https://www.faz.net/schauplatz/stuttgart/were-10-spielcasinos-in-weil-am-rhein-der-schliessung-zu-entgehen-15066224.html
- "Amtliches Schreiben zur Anwendung der neuen Spielverordnung vom 11.12.2015." Ministerium für Wirtschaft und Finanzen Baden-Württemberg. https://www.wmfo.baden-wuerttemberg.de/dma-mwf/stl/mwf/de/angelegenheiten/betrugsbekaemperungskonzept/spielabweichungsgestzung/ausschreibungen/amtliches-schreiben-zur-anwendung-der-neuen-spielverordnung-vom-11.12.2015.html
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Quelle: www.onlinecasinosdeutschland.com