Gesellschaft

In jeder Klasse gibt es einen Schüler, der sich um ein Familienmitglied kümmert.

Der Durchschnitt schwankt, aber in der Regel liegen wir im internationalen Vergleich, so ein Bericht der Universität Witten/Herdecke unter der Leitung von Sabine Metzing aus dem Jahr 2019.

SymClub
13. Mai 2024
2 Minuten Lesedauer
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Wie geht es Mama? Wenn Schüler sich zu Hause um Angehörige kümmern müssen, leidet oft ihr ganzes...
Wie geht es Mama? Wenn Schüler sich zu Hause um Angehörige kümmern müssen, leidet oft ihr ganzes Leben

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Jugendlicher Hausmeister - In jeder Klasse gibt es einen Schüler, der sich um ein Familienmitglied kümmert.

Sie arbeiten im Verborgenen. Oft weiß ihre unmittelbare Umgebung nichts von ihrer Verantwortung. Die Rede ist von jungen Pflegern. Das sind Jugendliche, die sich zu Hause um ihre Angehörigen kümmern - um Eltern, Großeltern und mehr. In Deutschland gibt es schätzungsweise 478.915 von ihnen, das sind fast eine halbe Million Menschen.

Bei der Untersuchung von 6.313 Schülerinnen und Schülern ab der 5. Klasse in Nordrhein-Westfalen stellten die Forscher fest, dass 6,1 % dieser Schülerinnen und Schüler zur häuslichen Pflege beitragen. Das bedeutet, dass fast jeder 20. Schüler seinen Angehörigen bei Aufgaben hilft, die normalerweise Erwachsenen vorbehalten sind.

Zum Vergleich: Die durchschnittliche Klassengröße in Nordrhein-Westfalen liegt bei 23,5 Schülern. Man kann davon ausgehen, dass in jeder Klasse jemand seine Angehörigen bei unerwarteten Aufgaben unterstützt - etwa beim Waschen, An- und Auskleiden oder beim Gehen. Zählt man diejenigen hinzu, die den Haushalt führen, weil es sonst niemand kann, steigt der Anteil auf 13,1 Prozent. Das bedeutet, dass etwa zwei bis drei Schüler in jeder Klasse die Last dieser Aufgaben tragen.

Diese Belastung nimmt proportional zu, wenn die Zahl der Betreuungspersonen abnimmt. Die steigenden Scheidungsraten in Deutschland (39,9 % im Jahr 2021) und die wachsende Zahl der Alleinerziehenden (~18 % aller Kinder unter 18 Jahren) tragen zu diesem Teufelskreis bei.

"Wenn nur ein Elternteil anwesend ist, ist es ganz natürlich, dass die Kinder die Betreuungslast tragen", bemerkt Sabine Metzing. "Wenn aber nur ein Kind da ist, kann die Situation überfordernd werden."

Leider erkennen viele junge Pflegende den Ernst ihrer Lage erst im Erwachsenenalter. Diese Erkenntnis kommt oft erst, wenn der Schaden bereits angerichtet ist. Metzing hebt hervor, dass sie mit zahlreichen Erwachsenen konfrontiert wurde, die in ihrer Jugend erhebliche Betreuungsaufgaben hatten und später therapeutische Hilfe benötigten.

"Diese Menschen geben oft an, dass sie erst wieder lernen mussten, normal zu leben", betont Metzing.

Die Auswirkungen auf junge Pflegende sind vielfältig

Junge Pflegende sind anfällig für eine Vielzahl von Schwierigkeiten. Einige fühlen sich nicht im Geringsten belastet, während andere das Gefühl haben, keine Kindheit zu haben oder ihr beraubt worden zu sein.

Im Bildungsbereich sind diese jungen Betreuer anfällig dafür, hinter ihren Altersgenossen zurückzubleiben. Sie haben häufig mit akademischen Aufgaben zu kämpfen, weil sie in der Schule abgelenkt werden und sich zu Hause nicht auf ihre Hausaufgaben konzentrieren können. Außerdem kommen diese Schüler oft ohne erholsamen Schlaf in der Schule an, was sich wiederum auf ihre schulischen Leistungen auswirkt.

Darüber hinaus haben junge Betreuer selten jemanden, dem sie sich anvertrauen können, was sie isoliert und sie zwingt, ihre Probleme allein zu bewältigen.

Ein drängendes Problem ohne Lösung

Es handelt sich um ein vielschichtiges Problem, das in Deutschland noch nicht hinreichend gelöst ist. "Mir ist keine Schule bekannt, die eine Young Carer's Initiative einführt, wie es in Großbritannien üblich ist", sagt Metzing. Sie widmet sich diesem Thema seit 2004 und hat festgestellt, dass einige wenige Lehrer außergewöhnliche Anstrengungen unternehmen.

"Lehrer spielen in solchen Szenarien eine entscheidende Rolle", sagt Metzing. "Wir müssen dringend Anlaufstellen wie Schulsozialarbeiter schaffen, die ein offenes Ohr für diese Schüler haben."

Die Zusammenarbeit mit diesen außergewöhnlichen Lehrkräften hat schon oft einen Teil der Belastungen für die jungen Betreuer gemildert. "Das sind aber Einzelfälle in unserem Land", betont Metzing. "Hier müssen wir massiv nachbessern."

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    Quelle: symclub.org

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