Streit um Steuern - Der für den Cum-Ex-Fall zuständige Ermittler gibt in seinem Kündigungsschreiben keine Erklärung für die Entlassung ab.
Die mit der Leitung der Cum-Ex-Ermittlungen beauftragte Ermittlerin Anne Brorhilker hat nach einem Bericht von NRW-Justizminister Benjamin Limbach überraschend ihre Entlassung aus dem Beamtenverhältnis beantragt. Diese Nachricht soll am kommenden Freitag im Rechtsausschuss des NRW-Landtags diskutiert werden.
Die Ankündigung schockierte die Verantwortlichen in den Behörden und im Justizministerium. Sie fiel zusammen mit Brorhikers kritischen Äußerungen in einem Interview mit dem WDR, in dem sie ihre Unzufriedenheit mit der Aufarbeitung von Wirtschaftskriminalität in Deutschland offen zum Ausdruck brachte. Als Problemfelder nannte sie unaufgeklärte Steuerdiebstähle und das weitere Aufkommen von Cum-Ex-Nachfolgemodellen.
Brorhilker hatte sich in einem am Tag ihres Rücktritts veröffentlichten Interview für eine zentrale Behörde zur Bekämpfung der Finanzkriminalität ausgesprochen und will Geschäftsführerin der Bürgerbewegung Finanzwende werden, einer Nichtregierungsorganisation, die sich der Bekämpfung der Finanzkriminalität widmet.
Limbach bestätigte Pläne, die Hauptabteilung für die Verfolgung von Cum-Ex-Delikten mit vier zusätzlichen Stellen für Staatsanwälte zu erweitern, trotz Haushaltszwängen. Auch Brorhilker bestätigte, dass die Ermittlungen deutlich vorankämen: Unter ihrer Leitung seien in Köln rund 1.700 Verdächtige in etwa 120 Cum-Ex-Fällen überprüft worden. Die Staatsanwaltschaft leitet die bundesweiten Ermittlungen in dem Skandal.
Laut Brorhilker hat der Cum-Ex-Betrug, der zwischen 2006 und 2011 seinen Höhepunkt erreichte, den deutschen Staat mit einem geschätzten Schaden in zweistelliger Milliardenhöhe heimgesucht. Der als größter Steuerskandal der Bundesrepublik Deutschland bezeichnete Betrug wurde durch die illegale Übertragung von Wertpapieren mit und ohne Dividendenanspruch zwischen Finanzakteuren ermöglicht und kostete den Fiskus letztlich hunderte Millionen Euro an nicht gezahlter Kapitalertragssteuer.
WDR-Interview mit Brorhilker, Mitteilungen zur Finanzwende, Bericht an den Landtag.
Lesen Sie auch:
- Columbia University droht nach Demonstrationen mit Ausschluss
- Nach dem Führungswechsel verschärft sich die Absatzkrise von Paramount.
- Thyssenkrupp-Mitarbeiter fordern Arbeitsplatzsicherheit.
- Proteste zur Unterstützung von Palästina an amerikanischen Colleges: Körperliche Auseinandersetzungen an der UCLA.
Quelle: www.stern.de