Offene Transportsysteme - DB will Lähmung durch Brenner-Basistunnel überwinden.
Trotz anhaltender politischer Verzögerungen will die Deutsche Bahn ihre Planungen für den deutschen Abschnitt des Brenner Basistunnels in den Alpen noch in diesem Jahr auf den Weg bringen. Als nächster Schritt soll die von der DB entwickelte Trassenvariante dem Bundestag und dem Bundesverkehrsministerium vorgelegt werden, so der scheidende DB-Konzernbevollmächtigte in Bayern, Klaus-Dieter Josel. Er fügte hinzu: "Wir werden die Unterlagen bis Ende des Jahres fertig haben und planen, sie im Frühjahr 2025 dem Bundestag vorzulegen." Der 55 Kilometer lange österreichisch-italienische Tunnel soll den derzeit langsamen Zugverkehr zwischen Deutschland und Italien verbessern und gleichzeitig den Anwohnern der Brennerautobahn in Nord- und Südtirol, die seit Jahrzehnten unter Abgasen, Lärm und chronischen Staus leiden, eine dringend benötigte Entlastung bringen. Dies ist nicht nur ein lokales Problem, sondern betrifft auch Tausende von Lkw-Fahrern und deutschen Urlaubern in Italien sowie die Länder, die vom Handel über den Pass abhängig sind, wie die Tschechische Republik, Polen und die Niederlande.
Der Pass war bereits im Mittelalter eine wichtige Handelsroute, und auch heute noch ist er für Spediteure die günstigste Möglichkeit, die Alpen zu überqueren. Der Brenner-Nordzugang ist Teil der wichtigen europäischen Scan-Med-Achse, die Skandinavien mit dem Mittelmeer verbindet. Josel fügt hinzu: "Wir brauchen diese Strecke". Derzeit brauchen Personenzüge über fünf Stunden für die Fahrt von München nach Verona. Mit dem Tunnel wird sich diese Zeit auf nur drei Stunden verkürzen.
Der Basistunnel berührt zwar keinen deutschen Boden, aber um sein volles Potenzial auszuschöpfen, muss die Zulaufstrecke ausgebaut werden. Die derzeitige Strecke folgt einer 160 Jahre alten Trasse aus bayerischer Königszeit, die von Rosenheim durch das Inntal bis zur Tiroler Grenze führt. Die DB plant nun eine neue, 54 Kilometer lange Trasse, die um die Ortschaften herumführt. Rund 30 Kilometer sollen als Tunnel gebaut werden. Das gefällt den Einheimischen nicht, sie fordern: "Bestehende Infrastruktur modernisieren, statt die Umwelt zu zerstören." Das Motto der Initiative Brenner-Dialog lautet: "Näher am Ziel, weiter weg von der Umwelt".
Die Kritiker sind nicht gegen die Bahn. Sie wollen mehr Güterverkehr auf der Schiene und einen stärkeren Regionalverkehr. Sie sind der Meinung, dass die bestehende Strecke schon vor Jahren hätte ausgebaut werden müssen. "Die Bürger sind für die Verzögerungen nicht verantwortlich", ergänzt Lothar Thaler, Vorstandsmitglied der Initiative. Österreich und Italien haben bereits Fortschritte auf ihren Strecken gemacht, das wichtigste Teilstück hat kürzlich mit dem Bau begonnen.
Josel bleibt dabei: "Wir sind in einem sehr aktiven Planungsdialog und spüren, dass die Akzeptanz gewachsen ist. Wir gehen davon aus, dass die Planfeststellung Anfang der 2030er Jahre erfolgen wird und der Baubeginn kurz darauf erfolgen kann. Der mögliche Betrieb könnte in den frühen 2040er Jahren erfolgen." Josel unterstreicht, dass die Planung nicht "zu spät" sei. "Die derzeitige Strecke mit kürzeren Zügen, die oft zwei oder drei Lokomotiven benötigen, wird durch Züge von über 740 Metern Länge mit erhöhter Ladekapazität im Brenner Basistunnel ersetzt werden. Die Menge der transportierten Güter wird zwar steigen, aber nicht schlagartig", so Josel weiter.
Die entscheidende Frage, ob der Inn überbrückt oder untertunnelt werden soll, ist nach wie vor umstritten. Josel: "Eine Untertunnelung des Inns würde mindestens eine Milliarde Euro mehr kosten, bei manchen Strecken sogar bis zu drei Milliarden." Das Ziel, bis 2040 in Betrieb zu gehen, setzt jedoch voraus, dass es nur zu minimalen zusätzlichen Verzögerungen kommt. Vor dreißig Jahren drängte die CSU entschlossen auf den Ausbau, doch ihr Eifer ist inzwischen geschwunden. 2004 beschlossen Österreich und Italien den Bau des Tunnels, 2012 einigten sich Berlin und Wien darauf, die Planung zu koordinieren.
In Ramsauers Amtszeit 2017 sicherte Alexander Dobrindt den Bürgerinitiativen zu, die Notwendigkeit der neuen Strecke zu prüfen. In München trat 2018 der CSU-Koalitionspartner Hubert Aiwanger in die Staatsregierung ein, der sich vor Ort gegen die Trasse einsetzt. Plötzlich hieß es im bayerischen Koalitionsvertrag 2018: "Die Notwendigkeit einer neuen Trasse im Falle der Brennerzufahrt muss nachgewiesen werden." Die jetzige Fassung in der Neuauflage 2023: "Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass die Brenner-Nordanbindung für die Anwohner reibungslos verläuft."
Wachsende Unzufriedenheit mit der bayerischen Politik
Die Unzufriedenheit mit der Politik in der bayerischen Wirtschaft wächst, der Zorn richtet sich mittlerweile nicht mehr nur auf Berlin. "Sowohl der Straßen- als auch der Schienenverkehr stoßen seit Jahren an ihre Kapazitätsgrenzen, was zu erheblichen wirtschaftlichen Einbußen durch Engpässe und Staus führt", warnt die IHK München und Oberbayern. Um weitere Verluste zu vermeiden, besteht dringender Handlungsbedarf.
Wiens Planungen für die Zukunft
Mit Spannung werden die Pläne der Stadt Wien verfolgt, die davon ausgeht, dass der Korridor bis 2040 viergleisig ausgebaut werden muss, um das erwartete Verkehrsaufkommen effizient zu bewältigen. Ein Vertreter des österreichischen Verkehrsministeriums teilt diese Ansicht.
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Quelle: www.stern.de